top of page

Reiseblog 2023

Birgit (Vereinspräsidentin) und Milena (Vorstandsmitglied) werden 2 Wochen lang bei YCD in Malawi verbringen. Die Zeit wird gefüllt sein mit Projektbesichtigungen und Zukunftsplanung der beiden Organisationen. Alle Eindrücke werden in diesem Reiseblog festgehalten.

Dienstag, 08.08.2023 bis Donnerstag, 10.08.2023

Wir sind von Francis Folley, Präsident von YCD, herzlich am Flughafen in Blantyre empfangen worden. Daraufhin haben wir die erste Nacht in Blantyre in einer einheimischen Lodge verbracht und einige Einkäufe (Kekse, Bundstifte und Zucker) für die Waisenkinder gemacht.

Am nächsten Tag sind wir nach Nchalo gefahren. Der Weg führt uns über eine halb kaputte Strasse (wegen den Fluten) ins Tal. Obwohl die Aussicht wunderschön ist, ist es doch erschreckend, dass die Malawische Regierung, (noch) nicht dazu gekommen ist, die einzige Strasse in dieses grosse Gebiet zu reparieren, oder zumindest damit begonnen hat. Viel ist da wohl nicht zu erwarten… Auch in Nchalo angekommen, erwarten uns Strassenabschnitte, die beinahe komplett vom Zyklon Freddy zerstört wurden.

20230809_150803251_iOS.heic
20230809_151213590_iOS (1).jpg
20230809_150756279_iOS.jpg
20230809_150734492_iOS.jpg

Nchalo heisst uns herzlich Willkommen mit vielen strahlenden Gesichtern, die freudig «Mzungu» rufen, was weisse Person bedeutet. In diesem Gebiet von Malawi ist es nämlich unüblich, weisse Gesichter anzutreffen. Nachdem wir uns bei Francis eingerichtet haben, sind wir auch schon los, um das Geissen-Projekt zu besichtigen. Mittlerweile sind es bereits 130 Geissen! Die Farm hat einen speziellen Charme, der uns beide mit Glück erfüllt hat. Wir sind uns sicher, die Bilder sprechen für sich.

Am Donnerstag haben wir morgens eine längere Sitzung mit dem YCD-Team gehalten, in dem die laufenden Projekte besprochen wurden. Ausserdem haben wir für die Erstellung einer Ludothek für die Waisenkinder die mitgebrachten Spiele an YCD überreicht, die diese mit einer grossen Freude entgegengenommen haben. Anschliessend sind wir einfach durch die Strassen von Nchalo gelaufen, haben die Atmosphäre aufgenommen und uns in diese afrikanische Welt hineinbegeben, die so anders ist als in der Schweiz. Auf dem Markt von Nchalo haben wir nette Bekanntschaften mit den Marktverkäuferinnen gemacht. Auf unseren Wunsch konnten wir vor Feierabend nochmals das Geissen-Projekt besichtigen. Bereits jetzt haben wir uns in die idyllische Stimmung dort verliebt.

Freitag, 11.08.2023

Heute Vormittag haben wir YCD geholfen, das Maismehl für die Waisenkinder zu mahlen und abzupacken. Dies wird über eine alte, aber doch schon elektrisch betriebene Mühle gemacht. Obwohl in Malawi momentan Winter ist, sind es dennoch um die 30°C, was bedeutet, dass wir uns beim Mahlen in einem wirklich heissen Raum befanden. Im Hintergrund war das laute Brummen der alten Mühle und wir haben uns brüllend Anweisungen gegeben. Für uns war dies ein sehr eindrückliches Erlebnis und wir respektieren YCD, dass sie diese Arbeit alle 2 Wochen erledigen.
Maismehl ist in Malawi eine essentielle Nahrungsquelle, um die Kinder mit Kohlenhydraten zu versorgen. Nächste Woche werden die abgefüllten Maismehlsäcke von YCD und uns an die Waisenkinder und deren Pflegefamilien verteilt.

Am Nachmittag sind wir mit Francis und Alain (Leiter des Gefängnis Projekts) in das Gefängnis gefahren. Dort haben die Beiden die letzte Lektion des momentanen Life-Skills Programm gehalten. Das Thema war «Selbstmord». Es war extrem herzerwärmend zu sehen, wie aktiv und motiviert die Gefangenen an der Klasse teilgenommen haben. Beim hereinlaufen, sah man den Schmerz und die Verzweiflung in ihren Augen. Die Konditionen, in denen Sie in diesem Gefängnis leben müssen, sind unmenschlich und gehen gegen jegliche Menschenrechte. Sobald Francis und Alain die Lektion starteten, hat sich die gesamte Mimik der Gefangenen verändert. Sie wurden aktiv und haben sich mit Diskussionen und auch immer wieder einem herzlichen Lachen beteiligt. Die Zahlen sprechen für sich. Kaum ein Gefangener, der das Life-Skills Programm absolviert inklusive Business Starter Package erhält, muss erneut in dieses schreckliche Gefängnis. Dies ist bei den anderen Gefangenen kaum der Fall. Wir sind so stolz auf dieses erfolgreiche Projekt und es ist sehr speziell, die Klasse in Aktion zu sehen. Nächste Woche gehen wir erneut ins Gefängnis, um die Abschlussfeier mit den Absolventen zu zelebrieren.

IMG_0016.JPG
IMG_0013.JPG
IMG_0028.JPG
IMG_0004.JPG

Auf der Fahrt von dem Gefängnis nach Hause haben wir erfahren, dass in unserer Region kein Benzin mehr zur Verfügung steht. Francis berichtet uns, dass dies öfter der Fall ist und es auch schon einen Monat gedauert hat, bis wieder Benzin zur Verfügung stand! Die Auswirkungen davon sind, dass die Fortbewegung innerhalb weniger Tage stillsteht und viele nicht mehr die Möglichkeit haben, an ihre Arbeitsplätze zu gelangen. Auch Güter, die die Bevölkerung für ihre Einzelhandelsgeschäfte und Marktstände brauchen, können nicht mehr transportiert werden. Persönlich hoffen wir, dass wir wenigstens zurück zum Flughafen nach Blantyre kommen 😉

Samstag, 12.08.2023

Auf der Tagesagenda stand heute ein aussergewöhnlicher Teamevent für YCD und Patimalawi. Wir gingen alle zusammen in den Majete Nationalpark auf Safari! Dies wurde von Birgit persönlich finanziert. Wir trafen uns morgens bei Francis, wo uns ein fast auseinander fallender Minibus abholte. Im Machete Nationalpark angekommen, ging es auch schon im Safariwagen los auf die pirsch nach Zebra’s, jeglichen Gazellenarten, Hippo’s, Pumba’s und sogar Elefanten! Die Safari war ein Riesen Erfolg, nur Giraffen konnten wir keine erblicken. Noch ein Grund, nochmals nach Malawi zu kommen 😉 Daraufhin genossen wir ein köstliches Mittagessen im Restaurant des Nationalparks und lernten uns noch besser kennen.

Auf der Heimfahrt erfuhren wir, dass es in Nchalo an einer Tankstelle ab 17:00 Uhr wieder Benzin gibt. Dies gibt uns Hoffnung, dass wir unser Programm in den nächsten Tagen durchführen können. Francis ist daraufhin bereits um 16:00 Uhr an besagte Tankstelle gefahren, um mit duzenden anderen Autos anzustehen – niemand weiss, wie viel Benzin geliefert wird und für wie lange es ausreicht. Wir waren eine der Glücklichen, die noch Benzin ergattern konnten.

Sonntag, 13.08.2023

Die Regierung evakuierte viele Familien, die ihre Häuser durch die beiden Stürme Ana und Fredi verloren hatten, in ein Camp in ein Gebiet nahe Nchalo, das aufgrund seiner erhöhten Lage vor weiteren Fluten verschont werden wird. Das Gebiet wurde ihnen zugewiesen und Bretter sowie Plastikplanen zur Verfügung gestellt, um eine Unterkunft zu bauen. Dies war der gesamte Leistungsauftrag der Regierungstruppe gewesen. Insgesamt wohnen ca 1’000 Menschen in diesem Camp, aus dem langsam ein Dorf entstehen soll. Einige haben bereits richtige Häuser bauen können, doch die wenigsten haben die Geldmittel dafür und leben immer noch in ihren Bretterverschlägen – einige bereits seit 2 Jahren. Patimalawi ist derzeit aktiv in dem Dorf, um mit dem Geld eines grosszügigen Sponsors den Bau von 50 Häusern zu ermöglichen.

Heute besuchten wir dieses Dorf. Wir wurden von Abraham empfangen, den Birgit schon aus ihrer Volunteering Zeit kannte, und der ebenfalls dort lebt. Er arbeitet für eine andere NGO, die landwirtschaftliche Förderung macht. Mit grossem Hallo begrüssten wir uns. Er führte uns im Dorf herum, um die bereits begonnen Hausbauten zu begutachten. Dabei wurden wir wie so oft von einer Kinderschar umringt, die mit der Zeit immer grösser wurde. Staunend betrachteten sie uns, machten Faxen und lachten. Beim Laufen in der Kinderhorde fiel mir auf, dass einige der Kinder runde Bäuchlein haben. Alle Kinder sind mager hier im Süden, aber solche mit Wasserbäuchen leiden unter massiver Unterernährung. Da kommt wirklich einmal mehr die Wut über diese Regierung zum Vorschein. Ein sogenanntes “Camp” errichten, ein paar Hölzer und Plastik liefern und das wars dann. 😡

Die 10 bereits errichteten Hauser sind echt schön, klein aber funktional, und die Besitzer sind sehr happy über ihr neu entstehendes Heim, welches derzeit noch kein Dach hat. Doch sie freuen sich sehr auf den Umzug. Die Ziegelsteine wurden mit Lehm aufeinandergeschichtet, welcher nun zwar trocken ist, jedoch würde es noch Zement benötigen, um die Stabilität zu gewährleisten. Wir lassen uns später von Francis eine Kalkulation machen, was dieser zusätzliche Zement noch kosten würde. Mal schauen, ob man da was machen kann.

Ein Besuch bei unseren Geisslein rundet den Tag noch ab, und wir geniessen den Abend mit Francis bei ein paar Flaschen «Carlsberg Green», dem hiesigen Bier. Dabei reden wir natürlich auch über diese Kinder mit den Wasserbäuchen. Francis erklärt uns die Situation. In diesem Jahr konnten die Menschen keinen eigenen Anbau betreiben, durch den Sturm und die Umlagerung. Das heisst, dass viele weiterhin hungern müssen. Erst ab April nächsten Jahres sind wieder private Ernten zu erwarten. Er schätzt, dass ein Drittel der heute getroffenen Kinder das nächste halbe Jahr nicht überleben werden…

Montag, 14.08.2023

Endlich trafen wir heute unsere Patenkinder. Wir waren beide ganz aufgeregt. Das Treffen fand rund um Francis’ Haus statt. In der Küche wurde früh mit dem Kochen begonnen und die Mitarbeitenden von YCD installierten die Soundanlage. Ab 10 Uhr trudelten die ersten Kinder ein.  So ein schöner, berührender Moment! Wir kannten ja alle Namen von der Vermittlung und dem Aufgleisen des Projekts, und nun standen diese Kinder plötzlich vor uns!

Alle schienen sich übereinander zu freuen, schwatzten und lachten miteinander. Man merkte, dass sie sich gut kennen. Von den Kleineren waren die Pflegemütter dabei. Wir beiden «Azungus» sind natürlich die Sensation des Tages. Die von Till zusammengestellten Spielsachen (Badminton, Fussbälle, Bocciakugeln etc.), wurden sofort in Gebrauch genommen. Die Videos sprechen für sich…

Manche der Kinder erhielten Briefe von ihren Sponsoren, die ich Ihnen persönlich überreichte und dabei ein kleines Videointerview führte. Dabei waren sie eher scheu, freuen sich aber hinterher im Gespräch mit den anderen sehr über die Briefe und das Interview.

Die Kinder tanzten, rannten herum und spielten und wir schauten zu und dachten, dass diese Kinder ohne unsere Unterstützung draussen auf der Strasse allein leben müssten, angewiesen auf Almosen von anderen, die selber kaum etwas besitzen. Die Waisenkinder, die neu dazugekommen sind, haben dies bereits erlebt. Dieser Gedanke hat plötzlich eine andere, existenziellere Dimension, jetzt, wo die jungen Menschen direkt vor uns stehen. Einmal mehr sind wir überzeugt, dass wir hier das richtige tun. Es ist nur etwas Kleines im Vergleich zu all den vielen anderen Nöten auf der Welt, aber was würden mir diese Kinder sagen, wenn ich sie fragte, was es für sie bedeutet? Wir taten es natürlich nicht, sondern setzen uns mit unserem Teller Reis, Geissenfleisch und Coleslaw zu ihnen auf den Boden, worüber sie sich sehr freuten. Wir entlockten ihnen ihr English und einige waren mutig und redeten mit uns. Wir genossen den Moment sehr.

Um 15 Uhr neigt sich unser kleines Fest dem Ende zu. Wir verabschiedeten die Kinder, die wir am Samstag für die Verteilung von Kleidung wieder sehen werden. Sie nahmen ihre Maismehlration auf ihre kleinen Köpfe und traten in Gruppen den Heimweg an, der bei einigen von ihnen bis zu einer Stunde betragen dürfte. Wir fanden beide, die armen Kinder müssten doch gefahren werden, doch liessen wir uns von Francis überzeugen, dass es in Malawi kein Verbrechen ist, die Kinder mit schwerer Last gehen zu lassen. Einmal mehr wurde unser Schweizer Standarddenken auf die Probe gestellt. Es gehe den Kindern gut so und sie hätten den Plausch auf dem Heimweg, meinte Francis. Das Mittagessen und die auf den Heimweg mitgegebene Packung Biscuits seien für sie wie Weihnachten und darüber auf dem Heimweg noch miteinander auszutauschen, wäre für sie wichtig.

Wir liessen es gut sein, räumten noch ein bisschen auf und mussten uns nach dem wirklich anstrengenden Tag etwas hinlegen und alles in Ruhe verdauen…

Dienstag, 15.08.2023

Am Nachmittag fuhren wir in ein nahegelegenes Dorf. Dort trafen wir eine Gruppe junger Frauen, die zwangsverheiratet worden waren und durch YCD von ihren Ehemännern weggeholt und zu den Ursprungsfamilien zurückgebracht wurden. Die meisten von ihnen haben bereits Kinder. Alan trifft sich regemässig mit ihnen für eine Gesprächsrunde. Dabei wird besprochen, wie es jeder einzelnen aktuell geht und wie die Zukunftsplanung angegangen werden soll. Schnell wurde klar, dass eine Zukunftsplanung kaum möglich ist. Die Mädchen haben die Schule abgebrochen, als sie verheiratet wurden. Sie sind nun mit ihren Kindern bei ihren Eltern, die der Heirat damals zugestimmt hatten, damit deren Versorgung gewährleitet sein sollte. Nun ist noch ein Mäulchen mehr zu stopfen mit dem Baby!

Es ist wirklich herzzerreissend, die Mädchen so vor sich zu sehen. Die Jüngste ist 14 Jahre alt und hat ihr 1 Monat altes Baby dabei. Alle hatten die eine Bitte an uns, die Schule wieder besuchen zu dürfen. Mit dem Schulabschluss wären sie in der Lage, eine Arbeit zu finden oder ein kleines Geschäft zu eröffnen. Andere Optionen gibt es für sie nicht.

Resigniert fuhren wir nach Hause, da wir (derzeit) dafür keine Gelder zur Verfügung haben. Wir fragten uns, was erreichen wir mit diesem Projekt? Die Kinder werden nicht mehr vergewaltigt. Das ist mal das Wichtigste.

Was benötigen diese Kinder? Unterstützung, um ihren eigenen Weg finden zu können. Die Chance auf eine Wiederverheiratung ist ohne diese Unterstützung gross. YCD leistet hier viel Beratungsarbeit, um das zu verhindern und mögliche Optionen zu diskutieren sowie Bewältigungsstrategien herauszufinden.

Mittwoch, 16.08.2023

Den heutigen Tag verbrachten wir beide mit einem Ausflug nach Blantyre mit dem Minibus. Dies stellt der einzige öffentliche Verkehr dar, der im Süden des Landes vorhanden ist. Es handelt sich dabei um wirklich bereits auseinanderfallende Kleintransporter, die völlig überfüllt in einem Affentempo über die kaputte Strasse donnern, Kinder und Tiere anhupen und ihre Fahrgäste auf- und abhüpfen lassen. Hin und zurück dauerte die Fahrt 6 Stunden. In Blantyre angekommen, machten wir im grossen Supermarkt ein paar Einkäufe.

Auch in Blantyre wurden wir stets freundlich behandelt, erhielten auf Fragen Antworten und konnten uns gut zurechtfinden. Es wuselte nur so am Blantyre Market von Menschen und Strassenverkäufer*innen und es brauchte eine Weile, den richtigen Minibus für die Weiterfahrt zum Supermarkt zu finden. Es fiel uns auf, dass wir nicht mehr von allen Menschen so angestaunt wurden wie in Nchalo. Offenbar ist der Anblick weisser Menschen dort nicht so selten wie in Nchalo. In der Tat sind wir seit unserer Ankunft in Nchalo keinem Menschen mit weisser Hautfarbe mehr begegnet.

 

Es fiel Birgit ausserdem auf, dass die Minibusse nicht mehr so zahlreich sind wie 2018/2019, als sie als Volunteer 3 Monate hier war. Grund scheint die Inflation zu sein. Die Fahrt nach Blantyre kostet mittlerweile das Fünffache.

Donnerstag, 17.08.2023

Heute ist der Tag der Graduation-Feier im Chikwawa Prison. Das ganze YCD Team ist frühmorgens bereits bei Francis eingetroffen, wo die Soundanlage und das Material auf einen gemieteten Lorry aufgeladen wird. Um 09.15 Uhr treffen wir im Gefängnis ein. Zunächst will uns der OC (Officer in Charge = Gefängnisdirektor) sehen und begrüsst uns in seinem Büro, in dem in massiver hölzener, leerer Schreibtisch steht und ein Bild vom Präsidenten an der Wand hängt. Wir nehmen auf ebenfalls massiven Sesseln gegenüber Platz und unterhalten uns ein wenig mit ihm. Er freut sich offenbar sehr über unsere Arbeit im Gefängnis und bedankt sich ganz herzlich für unser Tun.

Der Moment, in man in den Gefängnishof eintritt, ist immer wieder schockierend. Wir sind beide der Meinung, dass es quasi unmöglich ist, die Situation so in Worten zu beschreiben oder auf Bildern festzuhalten, dass es wirklich erfasst werden kann. Wir probieren es nun trotzdem, vor allem mit Bildern.

Ein tolles Programm wurde von den Inhaftierten eingeübt und vorgetragen und wir freuten uns sehr über diese Darbietungen, die ein Highlight im Leben dieser Menschen darstellt. Die Frauen aus der Womans Section sind auch eingetroffen. Eine Frau ist im Life Skills- Programm dabei.

Auch Birgit hielt eine längere Rede. Dann fand die Übergabe der Zertifikate statt. Dafür musste sich Birgit neben den OC stellen, der ihr das jeweilige Zertifikat überreichte und dann an den Kursteilnehmer mit Händedruck übergab. Ein Foto davon ist natürlich wichtig und wird von jedem einzelnen sehr geschätzt.

Zum Schluss durften wir den Inhaftierten persönlich ein Stück Seife und eine Packung Sojapieces überreichen. Sie mussten dafür in ihre Zellen (Gemeinschaftszellen) zurück und mit angezogenen Beinen vor uns auf dem Boden sitzen. Die Zelle ist zu klein für alle, um zu liegen, weswegen in Sitzhaltung aneinandergelehnt geschlafen werden muss (Shamba-Position). Hitze, Schmutz und Schweiss, über Jahre in die Gemäuer eingedrungen, sind olfaktorisch eine grosse Herausforderung. Die Inhaftieren verbringen 16 Stunden am Tag in ihren Zellen. In vielen Augen sahen wir blanke Verzweiflung.

Dass wir heute bei Ihnen waren, hat ihnen mit Sicherheit viel bedeutet. Die Kursteilnehmer wissen, dass nach ihrer Entlassung mit dem Business Starter eine Chance für sie bereitsteht. Das gibt Hoffnung und Zuversicht. Ausser Seife und Sojapieces bei der Graduation Feier ist es das, was wir geben können. Milena fällt es schwer, dies so zu akzeptieren. Wir unterhielten uns zuhause lange darüber, wo es denn nun am wichtigsten wäre, unser Geld zu investieren. Bei den verhungernden Kindern im Camp? Bei den Kindermüttern, die alle in die in die Schule wollen? Bei den Gefangenen, die alle an einem Lifeskillsprogramm teilnehmen und ein Business Starter Package wollen, das ihnen Kraft gibt, diese Hölle zu überstehen? Bei den vielen Schulkindern, die nicht in unserem Programm sind und so zahlreich sind, dass Francis es manchmal kaum aushält, sie im Office abzuweisen? Phasen der Wut wechselten sich mit Resignation ab. Francis Sicht auf die Dinge hilft uns stets in solchen Situationen. Er sagt, er fühle sich immer glücklich. Ja er bezeichnet sich als den glücklichsten Menschen der Welt. Weil er so viel tun kann. Jeden Tag aufs Neue. Dank unserer Unterstützung. Dies hören wir immer wieder von ihm, wenn wir zweifeln «You are doing A LOT!» Nicht so einfach für uns, die Situation so zu betrachten, aber es hilft uns natürlich sehr, aus unserem Stimmungstief wieder herauszufinden. 

Freitag, 18.08.2023

Erneut erlebten wir einen aussergewöhnlichen Tag. Wir hatten wirklich ein Wow-Erlebnis. Ein Hauttätigkeit im Projekt gegen Kinderheirat ist die Präsenz von YCD in Dörfern, um die Botschaft zu verkünden und Aufklärungsarbeit zu leisten. Francis spricht das im Vorfeld mit dem Dorfvorsteher ab. Nur wenn dieser hinter dem Projekt steht, kann es auch durchgeführt werden.

Das ganze Dorf versammelte sich im Zentrum. Plastikstühle standen für uns bereit, wo wir als Ehrengäste neben dem Dorfvorsteher Platz nahmen. Schon bald begann eine Gruppe zu trommeln. Zu unseren Ehren wurde der traditionelle Tanz Gule Wamkulu aufgeführt. Dieser gehört zum Unesco Weltkulturerbe. Er wird zur Beendigung der Männerinitiation, zum Ende der Ernte oder speziellen Anlässen aufgeführt. Die Verkleidungen und Tänze erzählen eine Geschichte. In unserem Fall war das die schwangere Frau und der böse Mann, der sie geschwängert hat. Die Trommeln und die mitklatschenden und singenden Zuschauer erhitzten die Gemüter, die Stimmung entwickelte sich zu einer regelrechten Gruppentrance und wir waren beide total beeindruckt und still.

Dazwischen hielten Alan und Francis vom YCD-Team Ansprachen auf Chichewa mit der Botschaft, dass Kinderheirat illegal ist und deshalb auch nicht stattfinden dürfe (sinngemäss). Das Anliegen ist, dass die Eltern ihre Mädchen nicht an (meist viel ältere) Männer verheiraten, sondern sie stattdessen in die Schule schicken.

Ein weiterer Gule Wamkulu mit einem gfürchig aussehenden Tier beendete die Veranstaltung.

Beeindruckt und dankbar für diese seltene und wertvolle Erfahrung traten wir den Heimweg zu rück nach Nchalo an. Auf der Heimfahrt wurde uns klar, dass man die Armut von der Kultur trennen muss. Zu oft passiert es, dass man alles «schlimm» findet, was man sieht. Dabei ist die Kultur schützenswert und die Erdverbundenheit der Menschen nichts, was von Dritten geändert werden muss. Alte, gelebte Traditionen sind wie in jedem Land Teil der Identität und wir sind uns der Schönheit der Kultur dieses freundlichen, stets lächelnden, aufrechten und arbeitsamen Volkes so richtig bewusst. Es ist genau diese feine Art der Menschen, die sie zu leichten Opfern von Korruption macht.

Samstag, 19.08.2023 - Letzter Blogeintrag

Die Waisenkinder kamen heute nochmals vorbei, um neue Kleidung abzuholen. Diese wurden bereits vorsortiert und in Plastiksäcken verpackt. Ebenso wurden die Füsse ausgemessen bzw. die Grösse abgeschätzt, da für die Kinder noch Schuhe besorgt werden.

Die Kinder haben sichtlich Freude, wie man auf den Bildern unschwer erkennen kann…. 😊

 

Am Nachmittag gibt es eine kleine Farewell-Party für Milena, die morgen nach Kapstadt abreist. Birgit wird noch eine Woche in Nchalo bleiben, um mit Francis administrative und strategische Themen zu besprechen und ein paar Business Starter zu besuchen.

Wir bedanken uns für das Interesse an unserem Blog und der Tätigkeit, die wir hier machen. An unserem Sommerfest übernächsten Sonntag erzählen wir natürlich noch einiges mehr, berichten von Eindrücken und Schlussfolgerungen, die wir gemacht haben. Ebenso wird das Thema Nachhaltigkeit in unseren Projekten im Vordergrund stehen.

WhatsApp Image 2023-08-19 at 14.56.37.jpeg
WhatsApp Image 2023-08-19 at 10.57.38.jpeg
WhatsApp Image 2023-08-19 at 10.57.37.jpeg
bottom of page