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Reiseblog 2025

Reise des Patimalawi-Vorstandes: Birgit und Matthias, Mai/Juni 2025

Letzte Woche 1 / Matthias

«Ich weiss, dass ich nichts weiss»

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Nach nun 14 Tagen, die wir wieder mit Francis im Land verbracht haben, wird uns dies immer klarer. Je mehr Einblick wir gewinnen, umso bewusster wird uns, wie viel wir von Malawi, seinen Menschen, seiner Politik, Geschichte, Kultur, Literatur usw. nicht wissen.

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Francis Folley weiss nach seinen vier Wochen Besuch in der Schweiz im letzten Sommer wohl ungefähr genau gleich viel von der Schweiz, wie wir nun von Malawi.

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Und das ist es, was unsere Initiative auszeichnet: Operativ tätig und steuernd ist ausschliesslich Francis Folley und YCD. Patimalawi tritt bewusst nur als Unterstützerin im Hintergrund auf. Dabei können wir uns ganz auf Francis und sein Team hier verlassen. Für uns ist es immer wieder beeindruckend zu beobachten, wie er die Gratwanderung gestaltet zwischen wertschätzendem und natürlichem Kontakt mit den Menschen, die unterstützt werden und gradlinigem, aber auch diplomatischem Auftreten im Kontakt mit den «Mächtigen»: So ist es ihm zum Beispiel ein grosses Anliegen, dass bei unserem Besuch im Gefängnis zur Abschlussfeier des Life-Skills-Programms die Gefangenen den ausserordentlichen Unterbruch ihres monotonen Daseins wirklich geniessen können. Er sagt: «Auch wenn wir traurig und betroffen sind, alle tanzen zur Musik und wir werden nicht abseitsstehen». Mit seinem Mit-Tanzen setzt er auch ein deutliches Zeichen gegenüber der Gefängnisleitung und den Wärtern, dass die Gefangenen als Menschen gesehen werden sollen. Andererseits erlebten wir z.B. beim Treffen mit dem Chief of Chiefs, wie er seine Anliegen in sehr diplomatischer Weise einbringt.

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Was ist denn überhaupt ein «Chief» oder «Traditional Leader»?

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Bei der Umwandlung des englischen Protektorats zu einer Demokratie 1968 wurde auf der untersten Staatsebene ein Element beibehalten, das die Engländer bei ihrer Besetzung von Malawi im 19. Jh. aus der dazumal bestehenden Stammesorganisation übernommen haben: Für jedes Dorf gibt es das Amt des «Chiefs». Dieses wird durch Erbschaft weitergegeben und bleibt so immer in einer Familie. Es steht Frauen und Männern offen. Für die ca. 500 Chiefs im Süden von Nchalo gibt es dann einen «Chief of Chiefs». Er ist den Dorf-Chiefs vorgesetzt und wird von der Regierung des Departements zu Sitzungen, die die Dörfer betreffen eingeladen. Er kann dort aber für Staatsgelder oder – Unterstützung nur die hohle Hand machen und verfügt selbst über kein Budget des Staates. Trotzdem ist es für unsere Projekte in den Dörfern von grosser Relevanz, dass wir die Unterstützung der Chiefs für die Aktivitäten von YCD sicherstellen können. Sie geniessen in der Bevölkerung eine grosse Autorität. Darüber hinaus liegt es in ihrer Kompetenz z.B. Streitereien zu schlichten, aber auch das staatliche Land an die einzelnen Bauernfamilien zuzuteilen.

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Wie können wir unser Matsukambya-Projekt sicher in die Hände der BewohnerInnen übergeben? Wie können wir sicherstellen, dass z.B. die Infrastruktur des «Recreation Centres» ausreichend gewartet wird?

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Um solche Fragen zu diskutieren, bot uns Francis Folley an, ein Gespräch mit dem Senior Chief Ngabu of Chikwawa Noah Dalasi Chisafali zu organisieren. Eine grosse Ehre für die BesucherInnen aus der Schweiz.

Letzte Woche 2 / Matthias

«Die Zeiten ändern sich gerade stark. Wir können nicht mehr nur Hilfsempfänger sein. Die Geberländer reduzieren ihre Hilfe zurecht, da sie sehen, dass ihr Handeln keinen Effekt hat. Jetzt müssen wir selber handeln und Verantwortung übernehmen».

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Mit diesem Statement eröffnete Senior Chief Ngabu of Chikwawa Noah Dalasi Chisafali das Gespräch im Büro von YCD. Und er begründete damit auch, dass ihm das Matsukambiya Projekt speziell mit der Installation eines Bewässerungssystems gut gefalle.

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Er selbst ist Besitzer einer Baumwollfarm, hat zwei Ehefrauen (was ihm definitiv keinen Sympathie-Bonus von Birgit einbrachte), ist englischsprechend und weitgereist nach China und in die USA. Wie unsere Recherchen in den Nyasa Times ergeben, wurde er 2020 vom damaligen Präsidenten wegen Korruptionsvorwürfen abgesetzt, vom nächsten Präsidenten aber gleich wieder eingesetzt, da dieser der Meinung war, dass die Absetzung politische Gründe gehabt hätte. Diese Wiedereinsetzung wurde vom obersten Gericht gestützt. Natürlich können wir weder diese Vorgeschichte beurteilen, noch wissen, ob seine unterstützenden Aussagen nicht bloss leere Worte sind.

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Bezüglich unserer Bemühungen um Nachhaltigkeit des Matsukambiya-Projektes versicherte er uns, dass die Anbaumethoden, wie wir sie dort umsetzen, aus seiner Sicht vorbildhaft für viele anderen Bauern sein werden. Er geht davon aus, dass sich viele andere Dörfer in seinem Einflussgebiet davon inspirieren lassen werden.

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Wir arbeiteten mit Francis und seinem Team intensiv an der Weiterentwicklung von YCD und der Zusammenarbeit von YCD mit Patimalawi. Im Vordergrund stand das – schon vor einem Jahr gemeinsam definierte ehrgeizige Ziel – YCD bis 2028 zu einer finanziell unabhängigen Organisation wachsen zu lassen: wie kann dies funktionieren? Entscheidend wird sein, ob YCD Wege findet, um die Finanzierung der Löhne, der laufenden Kosten und der notwendigen Rückstellungen selbständig sicherzustellen. Wir arbeiteten einen halben Tag lang mit dem ganzen Team daran, Ideen zu entwickeln, mittels derer die Teammitglieder zu diesem strategischen Ziel beitragen können. Dazu arbeiteten wir mit dem Effectuation-Ansatz, der sich speziell für Verhältnisse eignet, bei denen die Rahmenbedingungen (Wirtschaft, Überschwemmungen, Politik, etc.) nicht oder kaum vorhersagbar sind (vgl. dazu z.B.: https://effectuation.org/). Diese stiess beim Team von YCD auf grosse Resonanz.

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In Hinsicht auf den 6-monatigen ZHAW-Praktikumseinsatz von Julia im nächsten Jahr organisierte uns Francis auch einen Termin beim Verantwortlichen für den Bachelor- und ab nächstem Jahr Master-Studiengang in Sozialer Arbeit der Universität von Malawi in Zomba. Wir freuten uns sehr über das grosse Interesse zur Zusammenarbeit der Universität mit YCD als «Grassroot-Organisation», Patimalawi und allenfalls der ZHAW: da bleiben wir dran!

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Fazit der zwei Wochen voller Begegnungen, Diskussionen, eindrücklichen Erlebnissen und einem völlig anderen Leben: wir sind unglaublich zufrieden.

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Pamodzi Tingathe: «zusammen schaffen wir’s»!

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Grundlage der gemeinsamen Erfolge von YCD und Patimalawi ist dieser Leitsatz: Unsere Arbeit beruht auf gegenseitigem Vertrauen, das nur im lebendigen Dialog und interessierten Austausch zu einer starken Basis heranwachsen konnte.

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Wir bedanken uns bei Francis, Fannies, Allan, Blessings, Martin, Japhet und allen anderen lieben Freunden in Nchalo für die herzerwärmende Gastfreundschaft!

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Fr. 30.05. – So. 04.06. / Birgit

Nach einem Bürotag am Freitag, in dem wir mit Francis zusammen die Retraite vom kommenden Montag planen, geht’s am Samstag mit dem Besuch der Waisenkinder weiter. Die ersten Kinder treffen bereits um 08.00 Uhr ein. Mit der Zeit tummeln sich viele Kinder auf der Terrasse vor Francis Haus. Sie spielen Karten und das afrikanische Spiel mit Murmeln oder tschutten. Einige der Kinder/Jugendlichen sind eher zurückhaltend und halten sich im Hintergrund auf. Ein älterer Junge versteckt sie gar an der Seite des Hauses, wo ich ihn entdecke. Sobald alle da sind, verteilen Blessings und zwei der Volunteers die getrockneten Mangos, die wir mitgebracht haben. Die meisten Kinder fühlen sich sichtlich wohl miteinander lachen und machen Faxen.

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Die Mehlverteilung findet nach ca. 1.5 Stunden statt und wir sollen ein Foto von allen Kindern mit den Maissäcken machen. Nach dem Event ist für uns klar, dass wir solche Bilder nicht mehr machen wollen. Dies sind typische Hilfswerkaufnahmen, die nicht unserer Haltung und dem gemeinsamen Ziel mit YCD entsprechen. Für ausreichend Nahrung und Kleidung sollte sich kein Kind bedanken müssen. Wir kommunizieren dies mit Francis, der unsere Meinung teilt.

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Nach dem Programm führen wir ein Gespräch mit zwei Mädchen, die 17 Jahre alt sind und dieses Jahr 18 werden, also aus dem Orphans-Programm austreten sowie den Jungen, der sich neben dem Haus versteckte. Auch er ist 17 und wird 2026 aus dem Programm austreten.

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Die beiden Mädchen wissen genau, was wie sie gerne nach dem Schulaustritt machen möchten und haben Business Starter Ideen. Eine der Mädchen wird die Schule mit 18 noch nicht beendet haben und möchte diese unbedingt noch beenden. Wir versprechen ihr dies. Der Junge möchte Naturwissenschaftler werden. Er interessiere sich für Physik und Chemie und hätte zuhause gerne ein Experimentierlabor. Wir fragen nach seinen Noten und erfahren, dass er Klassenbester ist. Ein introvertierter, gescheiter Junge mit wenig Interesse an sozialen Interaktionen mit Gleichaltrigen. Auch mit ihm wird YCD in Kontakt bleiben für eine Anschlusslösung nach dem Programm.

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Am Nachmittag fahren wir nach Matsukambyia. Wir sind so gepannt! Das letzte Mal, als wir da waren vor 2 Jahren, standen ein paar wenige, zusammengeschusterte Häuser und Blachenhütten da. Es gab kein grün, kein Baum, kein Schatten.

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Wir werden herzlich empfangen mit Gesang und Musik. Dorfkinder und tanzende Frauen umringen das Auto. So schön und ergreifend. Vor dem Recreation Center treffen wir auf die Dorfvorsteher (Traditional chiefs) und nehmen auf den Plastikstühlen neben ihnen Platz. Die Frauen führen mit Gesang und Trommeln ihre traditionellen Tänze auf, bei dem auch mal die Dorfvorsteherin von Matsukambia aufsteht und mittanzt. Eine Augenweide ist das und die vielen Kinderaugen rund um die Tanzfläche sind alle auf uns gerichtet.

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Nach dem offiziellen Teil mit Tanz und Reden von Francis und Birgit gehen wir durch Matsumkambia. Die von uns finanzierten 50 Häuser, die von der Bewohnenden selbst gebaut wurden (wir lieferten die Materialien), müssen wir suchen zwischen zahlreichen Häusern, die eine andere, christliche NGO gebaut hat. Deren Häuser sehen sehr schön aus, sind grösser und eben: zahlreich. Wir wussten das zwar bereits, doch diese Dimension haben wir uns nicht vorstellen können. Der Unicef-Brunnen steht in der Nähe unseres Recreation-Centers.

Im Dorf sind Wege entstanden, viele Grünflächen, Bäume, Sträucher, richtig schön ist es geworden hier! Wir freuen uns über diese positive Überraschung und dennoch leuchten viele Fragezeichen rot vor uns auf: Unicef baut den Brunnen, eine NGO baut mehrere 100 Häuser, wir 50 Häuser, das Recreation Center und den «Scheme» zum Selber-Bepflanzen, World Vision verteilt einmalig eine grosse Menge an Maissäcken. Ja findet denn da keine Koordination zwischen den NGO’s statt? Francis klärt uns auf, dass Koordination zwischen den NGO’s nur auf höchster Ebene stattfinde. Wir können das gar nicht richtig glauben. Wenigstens die Dorfvorsteher müssen doch einen Koordinationsplan haben bzw. mit ihnen müsste das abgesprochen sein?

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Das muss man sich mal vorstellen: NGO’s kommen einfach und verteilen oder installieren ihre Produkte nach eigenem Gutdünken über den Kopf der dort lebenden Menschen hinweg und diese dürfen froh und glücklich sein über solcherlei Grosszügigkeit. Auch die Traditional Chiefs scheinen keine Rolle in den Entscheidungen zu haben. Man stelle sich vor, dies würde man mit uns zuhause machen!

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Diese Erkenntnis ist für uns wertvoll und für die weitere Planung des Matsumkambyia-Projekts wegweisend. Wir hatten dieses Projekt begonnen mit dem Konzept der Inklusion der Bewohnenden in die Umsetzung der Massnahmen. So wurden die Häuser selber gebaut und das Feld selber bepflanzt. Auch bei der Planung waren sie dabei. Durch den Aufbau von grösseren Häusern durch die andere Organisation ohne Einbezug der Bevölkerung und die Maislieferungen von World Vision geht unser Plan nun nicht mehr so auf, wie wir gehofft hatten. Andererseits ist es für die Menschen natürlich erfreulich, nun in einem schönen Dorf zu wohnen und zu essen zu haben.

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Wir müssen dem Ganzen unbedingt noch nachgehen, solange wir in Malawi sind. Die gewonnen Erkenntnisse hinterlassen trotz des schönen Empfangs der Bewohnenden und dem Anblick des Dorfes eine gewisse Zerknirschung. Die Arbeit der NGO’s scheint uns übergriffig zu sein. Wie Bulldozer fahren sie über die Bevölkerung hinweg und setzten ihnen eine Infrastruktur vor, die sie zugegebenermassen sonst nicht gehabt hätten. Die Bevölkerung wird weder gefragt noch miteinbezogen. Wie wenn man einem Hund einen Knochen vorwirft. So ist das doch einfach nicht OK. Es raubt den Menschen die Würde und führt zur Zementierung der erlernten Hilflosigkeit. Wir sind überzeugt, mit unserem Konzept der Inklusion auf dem richtigen Weg zu sein, auch wenn unsere Häuser kleiner und weniger sind. Dafür wurden sie von den Besitzern selbst erbaut, bestehen aus gebrannten Ziegelsteinen mit Zementfugen und gefestigtem Strohdach und nicht aus Lehm mit darübergestülptem Blechdach.

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Unser obligatorisches Feierabendbier ist natürlich dem Thema gewidmet und wir beschliessen mit Francis, den Chief of the Chiefs (Vorgesetzter aller Traditionall Chiefs im Distrikt) zu einem Gespräch zu treffen, um die Koordination der NGO’s anzusprechen.

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Do 29.05.2025 / Birgit

Drei Secondary School Visits in Nchalo stehen am Donnerstagmorgen auf dem Programm. Wir starten mit der privaten PEM Good news Secondary School und lernen den sympathischen Head Teacher Rhonix Tsamba kennen, der uns herzlich willkommen heisst. Wir sehen sehr schnell, dass es der Schule an vielem fehlt. Rhonix erzählt uns, dass er von der Regierung keinerlei Zuschüsse erhält und es vor allem an Schulbüchern und Geräten für den Physik- und Chemieunterricht fehlt. Er hat seine Schüler sichtlich gern und schickt auch jene nicht nach Hause, die die Schulgebühren mal nicht bezahlen können.

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Wir besuchen eine Schulklasse und erzählen, wer wir sind, woher wir kommen und was wir hier machen. Die jugendlichen Schüler (Klasse 9-11) sind sehr interessiert an unserem Bericht. Einige unserer unterstützten Kinder gehen hier auf die Schule.

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Es fällt auf, dass die Kinder zum Head Teacher ein Vertrauensverhältnis haben. Es wird sowohl mit Ernsthaftigkeit als auch mit Humor kommuniziert und die Schüler haben keine Angst vor ihm als Autorität, wie wir es später in den beiden anderen, staatlichen Schulen erleben werden.

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Als wir uns verabschiedeten und den Raum verlassen, verabschiedete sich der Head Teacher ebenfalls und fügt hinzu: «I am going to Switzerland», was zu einem grossen Gelächter führt. Wir beide sind uns einig, dass dieser Schule mit Büchern und Schulmaterial geholfen werden sollte.

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In der nächsten Schule, der Nchalo CDSS Government School füllte sich eine ganze Schulklasse mit Schülern, die alle in unserem Schulprojekt unterstützt werden. Wir sassen ca. 30 Jugendlichen gegenüber. Diese Erfahrung ist recht eindrücklich gewesen. Das Ausmass und die Auswirkungen unserer Unterstützung in diesem Projekt werden für uns plötzlich greifbar.

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Auch in der nächsten Schule, der Zatonse PVT Secondary School lernten wir aufgeschlossene, interessierte und wissensdurstige junge Menschen kennen. Sie alle blicken einer ungewissen Zukunft mit wenig oder keinen beruflichen Entwicklungsperspektiven entgegen und würden doch so gerne einen Beruf lernen und Malawi weiterbringen. Weiterführende Ausbildungen oder gar die Universität wird vom Staat jedoch nicht finanziert (mit Ausnahme ein paar weniger Stipendien für die allerbesten Schüler) und so gehen viele zurück in ihre Dörfer und müssen schauen, wie sie über die Runden kommen. Dies stimmt Birgit traurig und am Nachmittag muss dem Thema ein bisschen Raum gegeben werden. Wir diskutieren über die massiven Unterschiede zur Schweizerischen Bildungssituation. Vieles darin erscheint uns absurd angesichts der widrigen Umstände, in denen Kinder und Jugendliche hier gross werden und lernen müssen ohne jegliche professionelle Unterstützung. Verrückte Welt!

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In jedem Fall sind wir nun hier und schauen, was wir tun können. Mit Francis diskutieren wir am Abend, wie für einige dieser Jugendlichen eine berufliche Integration aussehen könnte.

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Am Donnerstagnachmittag fahren Francis, Matthias und Birgit mit dem Biketaxi zum «Scheme», dem Land, das von den Menschen aus Matsukambyia für den Anbau von Lebensmitteln zur Verfügung steht. Die Idee ist, dass die Bepflanzung durch das Permakultur-Prinzip aufgebaut werden soll. Wie sind gespannt, wie weit das Projekt gediehen ist. Alan und Japhet begleiten uns. Beide sind abwechselnd jeden Tag ein paar Stunden anwesend, um mit den Farmern ihre Anliegen zu besprechen und sie zu unterstützen.

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Ein riesiges Stück haben wir da! 32 Hektar sind es insgesamt, 15 Hektar sind bereits gepflanzt. Das gesamte Land musste letztes Jahr zuerst mit Maschinen gerodet werden. Wir treffen viele motivierte und freundliche Menschen, die mit der Bewirtschaftung ihres Landstücks beschäftigt sind. Hauptsächlich wird Mais gepflanzt, jedoch auch Erbsen zwischen den Maispflanzen. Dazwischen gibt es immer wieder vereinzelte Bananenstauden, die in die Höhe wachsen. So schön! Die Diversität der Samen macht den Boden fruchtbar und hält ihn gesund. Es gibt auch grössere Felder mit Süsskartoffeln, ebenfalls mit Erbsen durchmischt.

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Francis ist jedoch frustriert. Er hatte sich gewünscht, dass bereits 100% der Fläche bebaut ist, wenn wir kommen. Wir freuen uns jedoch bereits sehr über die 50% und halten dies für einen Erfolg nach nur einem Jahr! Wir erfahren, dass zu Beginn noch mehr Bewohner von Matsukambyia eine Fläche bebauen wollten, jedoch World Vision mit einer grossen Maislieferung für das Dorf auftauchte und alle für die nächsten Monate mit Mais versorgte. Dadurch haben viele die Bebauung nicht gestartet.

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Wir sind froh, dies zu erleben, ist es doch das, was man immer wieder von Projekten in Afrika hört. Nun hilft uns die Nähe zu den Menschen hier vor Ort, die Situation besser zu verstehen. Wir diskutieren mit Francis darüber, der sich wirklich ärgert.

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Wir haben keinerlei Zweifel, dass die Bebauung des Feldes innerhalb kürzester Zeit ausgelastet sein wird. Ein guter Lernplätz sowohl für die Menschen in Matsukambia als auch für YCD. Die seit Generationen anhaltende Hilfswerkabhängigkeit hinterlässt die Menschen in einer erlernten Hilflosigkeit, die das Vertrauen in die Wirksamkeit eigenen Planens und Handelns stark reduziert oder zerstört hat. Doch wir sehen genauso viele motivierte Menschen, die anpacken und etwas erreichen wollen. Sonst wären die 50% ja nicht bereits bewirtschaftet! Für Francis ist es zunächst schwierig, die Ressourcen zu sehen und nicht nur die Defizite. Doch wir sind alle überzeugt, dass die Felder bald bewirtschaftet sein werden, und zwar von den motivierten, nach Unabhängigkeit strebenden Menschen.

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Nach beendetem Verzehr des World Vision Maismehls werden die Felder jedenfalls vermutlich bereits anderweitig vergeben sein. Matsumkabia wächst stetig und es gibt genug Anwärter auf ein Stück zu bepflanzendes Land von Menschen, die ihre Chance sehen und beim Schopfe packen wollen. Wir denken, dass dieses Lernen am Modell mehr bringt als Zwängerei und Reklamationen unsererseits. Erlernte Hilflosigkeit lässt sich nicht mit einem Fingerschnipp wegzaubern. Die Menschen benötigen Zeit und Erfahrung.

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Eindrücklich ist unsere Begegnung mit Awitiness, die vor Glück strahlt, weil sie ein Maisfeld anbauen kann, dass auch noch automatisch bewässert wird! Das hat sie noch nie erlebt. Nach ihrem Alter befragt, sagt sie, sie sei vor dem ersten Präsidenten geboren worden, so ist sie ungefähr 80 Jahre alt. Eine eindrückliche Frau, die mit Kraft und Freude die Erde harkt und sich freut, ihre Enkelkinder mit Nahrung versorgen zu können.

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Di 27.05.- Mi 28.05. / Birgit

Am Morgen traf Birgit mit einer neuen Gruppe Kindermütter zusammen. Wir trafen uns am Office und gingen hinüber zur St. Matthiew Primary School, wo wir ein Schulzimmer für unsere Session belegen durften.

Francis begrüsste die Mädchen mit ein paar wenigen Worten und einem Energizer, in der gemeinsam kurz gesungen und geklatscht wird. Die Mädchen lachten und fanden das witzig, die Anspannung angesichts des Themas und des beiwohnenden «Azungus» war gebannt.

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Ziel der Sitzung war, sich gegenseitig kennenzulernen, um sich regelmässig zu treffen und die einzelnen Geschichten zu hören, die die Mädchen in ihre Situation brachte. Einige trauten sich bereits zu erzählen, wie ihre Situation vor der Heirat, während der Heirat und nach dem Trennung des Ehemannes war. Auch bei diesen Mädchen ist die Armut der Treiber gewesen, die sie (teilweise auch freiwillig) in die Ehe geführt hatten in der Hoffnung auf ein besseres Leben und Entlastung ihrer Eltern oder Geschwister. Die Trennung ging auch nicht immer von ihnen aus, oft wurden sie vom Ehemann weggeschickt. Auf jeden Fall haben alle keinen Partner mehr, die meisten sind wieder bei ihren Herkunftsfamilien, die sie oft widerwillig aufnehmen oder mit einer ablehnenden Haltung dulden. Zwei der Mädchen wohnen ganz allein in einer einfachen Hütte mit ihren Babies. Sie können sich derzeit maximal eine Mahlzeit pro Tag leisten. Sie gehen von Haus zu Haus und bieten an, zu waschen oder zu putzen.

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Diesen Mädchen wird von uns ein Business Starter angeboten. Wir haben alle ihre Namen aufgenommen und werden mit jeder einzelnen individuell schauen, wie sie sich etwas aufbauen kann, mit dem sie nachhaltig die eigene Existenz und die ihres Kindes sichern kann.

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Nach der Session besuchen wir den Head Teacher der St. Matthews Primary School. Die Schule ist baulich in einem traurigen Zustand. Der Head Teacher fragt nach Zuwendungen, um neue Toiletten zu bauen. Es gibt für 2000 Jungs nur zwei Toiletten. Das zweite Toilettenhaus ist baufällig und hat gefährliche Risse. Von der Regierung erhält er kein Geld, ein neues Toilettenhaus zu bauen. Wir bedauern das sehr, doch können wir für diesen Zweck keine Spendengelder aufbringen. Wir freuen uns, zwei Klassen besuchen zu dürfen.

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​Den Nachmittag verbrachten wir mit dem Besuch von Business Startern, die in Nchalo selbst ihr Business eröffnet haben. Alle vier haben ein gut laufendes Geschäft aufgebaut und können sich und ihre Kinder mit dem Einkommen gut versorgen, wie sie uns versicherten.

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Ferister hat seit 2 Jahren ihren Hardwareshop. Der Laden ist schön organisiert und liegt in einem Stadtteil von Nchalo, in dem es keinen anderen Hardwareshop gibt. Die selbstbewusste, freundliche junge Fau ist alleinstehend und hat ein Kind. Sie wohnt in der Nähe ihres Hardwareshops.

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In Johns Coiffeursalon können sowohl Damen als auch Herren ihre Haare schneiden lassen. Gelernt hat er das Handwerk, in dem er einem erfahrenen Coiffeur zugeschaut hat. Er hat den Salon sei 1.5 Jahren und kann seine Familie mit dem Einkommen versorgen.Ich selbst habe mir die Haare nicht schneiden lassen 😊

Charity betreibt seit 1.5 Jahren ein Restaurant im Zentrum von Nchalo und verkauft täglich über 20 Mahlzeiten. Sie ist alleinstehend und hat zwei Kinder.

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Georgina hat ihren Coiffeursalon seit 2 Jahren. Sie hat viele Kunden und kann zusammen mit ihrem Mann, der Second Hand Kleider auf dem Markt verkauft, ihre Familie mit drei Kindern gut versorgen und die Kinder in die Schule schicken.

Do 22.05.- Fr 26.05.2025 / Birgit

Unser Flug geht dieses Mal ab Genf, da der gebuchte Flug ab Zürich ersatzlos gestrichen wurde. So konnten wir noch ein Reisli durch die Schweiz machen im schönen SBB-Abteil und uns so auf unser Abenteuer einstimmen.

 

Angekommen in Blantyre, war das Durchkommen am Flughafen nicht einfach. Das Personal konnte den Schlüssel des Visa-Schalters nicht finden, sodass wir mit mehreren Passagieren zusammen länger warten mussten. Ebenso war die Flughafenhalle zu klein für die vielen Koffer, die auf dem einzigen Band daherschnauften. Es gelang uns jedoch mit Geduld, Humor und netten Bediensteten, ein Visum zu erhalten und alle unsere Koffer entgegenzunehmen.

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Das Wiedersehen mit Francis war sehr schön und wir lernten seine Frau Fannis kennen, die uns nach Nachalo fuhr. Auch zum vierten Mal in Malawi erfuhr ich dieses beklemmende Gefühl, die das Betrachten der absoluten Armut auslöst, welches entlang der Strasse zu sehen ist.

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Angekommen in Nchalo, lernen wir Francis’ herziges, 2-jähriges Mädchen Emanuela kennen, die uns entgegenspringt. Wir freuen uns sehr, angekommen zu sein!

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Der Marktbesuch am nächsten Tag (Samstag) bringt uns endgültig in die malawische Realität. Da es immer wieder regnet, sind die Strassen und Wege schlammig. Es gibt keine einzige befestigte Strasse in Nchalo ausser der Hauptstrasse, der N1. Entsprechend sind die Marktstände, die hauptsächlich aus einer Blache am Boden bestehen, von den Standbesitzern entsprechend unangenehm zu bewirtschaften. Es ist schwierig, sich fortzubewegen und einigermassen sauber zu bleiben.

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Wir kaufen einige Chitenge ein, die wir zum Schneider bringen, um Röcke nähen zu lassen. Den Rest des Tages verbringen wir mit Francis und seiner Familie und erfahren einige wichtige Dinge. So zum Beispiel, dass die Weltbank offenbar den Malawischen Präsidenten aufgefordert hat, den Malawi Kwatcha um 80% abzuwerten, um den Export zu begünstigen. Was das für die Bevölkerung bedeutet, möchten wir uns gar nicht ausdenken. Bereits jetzt sind die Preise so hoch, dass viele Menschen sich und ihre Kinder kaum noch durchbringen können.

Benzin ist derzeit auch nicht zu haben, seit einer Woche schon. Zum Glück hatte Francis noch vollgetankt und wir werden versuchen, so wenig wie möglich das Auto zu benutzen und mit den Biketaxies herumzufahren, was natürlich unseren Radius sehr einschränken wird. Zum Glück ist Matsukambia nicht so weit weg!

Die zweite erfreuliche Nachricht ist, dass Francis von seiner Partei als Kandidat für die Wahl zum Parlaments-Abgeordneten aufgestellt wurde. Alle 411 Delegierten gaben ihm die Stimme! Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen finden im September statt und wir drücken Francis’ die Daumen, dass er den Sprung ins Parlament schaffen wird, um Einfluss nehmen zu können auf die Entscheidungen der Regierung.

 

Getrübte Freude hatten wir am Sonntag beim Besuch unserer Geissen. 70 Geissen sind gestorben, sodass nur noch 90 übrig sind, weniger als wir zu Beginn des Projekts gekauft hatten. Ein rechter Rückschlag! Es ist nicht geklärt, was das rätselhafte Sterben hervorrief, offenbar sind auch Geissen von anderen Besitzern davon betroffen. Aber es scheint jetzt vorbei zu sein, denn die Population blieb stabil. Das nächste Schulquartal muss jedenfalls wieder vollumfänglich von Patimalawi finanziert werden. Auch Reparaturen am Geissenstall sind dringend nötig. Aber es sind schon wieder viele Geissen trächtig und wir erwarten bereits in einem Monat zahlreichen Nachwuchs.

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Der Montag war Office Tag. Wir begrüssen das Team, das derzeit noch drei einheimische Volunteers beherbergt. Mit Francis und Allen gingen wir die Projekte zusammen durch, diskutierten über Zielerreichung, Nachhaltigkeit und die künftige Zusammenarbeit zwischen den beiden Organisationen. Es gibt immer wieder neue Erkenntnisse, die uns und YCD zum Umdenken bewegen. Die gemeinsamen Ziele verbinden uns, der Weg dahin ist geprägt von unterschiedlichen Haltungen, Ängsten und Sicherheitsdenken seitens YCD und Vorstellungen unsererseits, die YCD herausfordern, aber auch fördern sollen. Und nicht zuletzt werden wir auch wieder mit der malawischen Realität konfrontiert im Hinblick auf unsere in der Schweiz ausgedachten Pläne. Unser gemeinsames Ziel ist der Weg in die Autonomie von YCD als Organisation. Wir einigen uns auf die Durchführung einer Retraite/Klausur in der kommenden Woche mit allen YCD-Mitarbeitenden.

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Am späteren Nachmittag machen wir einen Ausflug zum Shire River, den ich mir schon lange gewünscht hatte, um dort die Krokodile zu sehen. Mit Motorradtaxis durchquerten wir die Zuckerrohrplantage, welche fast angsteinflössend auf mich wirkte. Ein Raubbau an der Natur. Auf der anderen Seite der Plantage stossen wir auf kleine Dörfer entlang des Flusses und der kleinen Flussausläufer, in der die Menschen von der Fischerei leben. Eine ganz besondere Erfahrung und Begegnung mit den Menschen, die uns begrüssen und begleiten.

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